Titel Spohr-Interview

Screenshot der Deutschlandfunk-Webseite mit dem Spohr-Interview.
Neben dem Hauptthema "Kampf gegen Drohnen" äussert sich Herr Spohr auch zu einigen anderen Themen, u.a. auch zu den Klimazielen der Luftverkehrswirtschaft.

Interview des Deutschlandfunk
mit dem Vorstandvorsitzenden der Deutschen Lufthansa, Carsten Spohr

Auszug mit Aussagen zu Klimathemen

"Hammer: Sie hören das Interview der Woche hier im Deutschlandfunk. Heute mit dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Lufthansa AG, Carsten Spohr. Herr Spohr, es gibt Beobachterinnen und Beobachter, Klimaaktivisten, die möglicherweise sagen würden, das ist doch gar nicht so schlecht, wenn Flüge, Kurzstreckenflüge, innerdeutsche Flüge mit Blick auf das Klima aus dem Flugplan genommen werden. Der Luftverkehr trägt einen signifikanten Teil zum Klimawandel bei. Sie fliegen – ist ja klar – sehr viel, auch innerdeutsch zwischen Frankfurt und München. Haben Sie schon einmal Flugscham empfunden?

Spohr: Nein, die brauche ich auch nicht empfinden, weil wir – wie jedem anderen Passagier auch mir- die Möglichkeit bieten, CO2-neutral zu reisen, indem man mit nachhaltigen Kraftstoffen für seinen Flug Kompensationszahlungen leistet. Aber die gerade von mir genannten Flugstreichungen führen ja nicht dazu, dass die Gäste deswegen kein CO2 ausstoßen. Entweder wird über andere Drehkreuze gereist, die teilweise auch zur Lufthansa-Gruppe gehören, aber eben nicht in Deutschland liegen oder aber in anderen Ländern unserer Wettbewerber liegen. Wir sehen einen signifikanten Anstieg der Autofahrten von Geschäftsreisenden, was den Autovermietern sehr guttut. Aber im Sinne des CO2 ist das Flugzeug nun mal effizienter als wenn jemand alleine in seinem Auto sitzt. Und wenn überhaupt da Kritik geäußert wird, wird das meist von Menschen getan, die an Orten leben, die sehr gut angebunden sind. Wenn Sie der Verkaufsleiter eines Unternehmens in Friedrichshafen sind, der versucht, Aufträge für das Unternehmen ins Haus zu holen, um Arbeitsplätze zu sichern, dann geht das ohne Anbindung an die globalen Märkte nicht. Da können sie nicht mit dem Zug vier Stunden nach Frankfurt fahren, um dann nach Los Angeles zu fliegen. Ähnliches gilt für Sachsen. Ähnliches gilt, wie gesagt, für Ostwestfalen – ein sehr starker Wirtschaftsstandort. Deswegen, es kann keinen Widerspruch geben zwischen einer funktionierenden global angebundenen Wirtschaft. Wer braucht die mehr als wir Deutsche? Und auf der anderen Seite natürlich technologische Fortschritte. Man denke an modernere Flugzeuge. Wir bekommen alle zehn Tage eins davon, um CO2-Ausstoß der Branche zu reduzieren. Aber diese Polarisierung, das oder das, sind wir mal ehrlich, die hält keiner ernsthaften Diskussion stand.

Hammer: Den CO2-Ausgleich, den man sozusagen mitbuchen kann, den Sie erwähnten, den zahlen, wenn ich das richtig beobachte, allerdings nur die wenigsten Fluggäste. Die Fluggesellschaften der Organisation IATA, der Sie angehören, die wollen bis zum Jahr 2050 die Netto-CO2-Emissionen im Luftverkehr auf Null senken. Aktuell zweifeln viele, dass das klappt, auch, weil der globale Luftverkehr immer weiterwächst. Und global sinken die CO2-Emissionen im Luftverkehr gerade nicht, sie steigen sogar. Wann kommt da der Moment, in dem auch Sie sagen müssen/könnten, wir werden das nicht schaffen bis 2050?

Spohr: Zunächst mal haben Sie völlig recht. Es gibt viele Gründe, dass von Profis in der Branche und Profis außerhalb der Branche zunehmend Zweifel laut werden, ob das noch realistisch erreichbar ist. Eine Sache haben Sie erwähnt. Wenige Gäste von unseren Gästen kompensieren es. Es sind zurzeit 5 Prozent. Das sind deutlich mehr als bei anderen Airlines. Da sind wir stolz drauf. Wir sind auch die erste Airline, die grüne Fares, grüne Reisekonditionen angeboten hat, aber 95 Prozent verzichten darauf. Wir sehen, dass die Technologie eigentlich kaum vorankommt. Sowohl bei den großen Airbus-Herstellern aus Toulouse wie auch im großen Boeing-Werk in Seattle sind keine Flugzeuge in Produktion und nicht einmal in Planung, die uns irgendwie einen großen nächsten technologischen Schritt erlauben über den hinaus, den wir gerade tätigen, wenn wir ein neues Flugzeug in Betrieb nehmen. Die Produktion von nachhaltigen Kraftstoffen auf Biobasis ist deutlich langsamer im Anstieg, als wir uns das alle gewünscht hätten. Eigentlich nur dort stark im Anstieg, wo sie staatlich gestützt wird. Deutschland gehört nicht dazu. Also gibt es Zweifel über die Verfügbarkeit. Die Preise sind deutlich zu hoch. Deswegen besteht auch nicht die nötige Nachfrage, weil man sich das gar nicht leisten kann zu tanken, wenn der Wettbewerber es nicht tankt. Großes Problem für die europäischen Airlines, die teilweise zum Tanken dieser Kraftstoffe gezwungen werden. Und die vielleicht irgendwann unbegrenzt skalierbaren sogenannten E-Fuels, also Treibstoffe, die auf Basis von Elektrizität erzeugt werden, gibt es heute eigentlich nur im Labor. Also, dieses ganze System muss zusammen funktionieren. Das wird es auch nicht ohne, dass Staaten das unterstützen. Das ist an einiger Stelle passiert. Und die heutige Geschwindigkeit, in der Tat, lässt auch bei mir große Zweifel aufkommen, ob wir das bis 2050 schaffen.

Hammer: Sie glauben nicht daran?

Spohr: Nun, wir werden es nicht alleine schaffen. Ich kann den Beitrag, den die Lufthansa leistet, bewerten, erhöhen, intensivieren. Das tun wir. Wir liegen da weit vorne im Vergleich zu anderen Wettbewerbern. Aber was andere, ob staatliche Teilnehmer dieses Themas, Wettbewerber, Flugzeughersteller machen, liegt natürlich nicht in meiner Kraft. Und deswegen glaube ich, wir alle gemeinsam müssen uns ernsthaft diese Frage stellen: Wie realistisch ist dieses Ziel noch? Und wir diskutieren das auch. Ich glaube, für eine abschließende Bewertung ist es heute zu früh. Aber noch mal, die Zweifel, die Sie äußern, die andere äußern, sind absolut angebracht.

(Wir haben diesen Text-Ausschnitt direkt aus einem PDF-Dokument übernommen, das ursprünglich auf der DLF-Webseite angeboten wurde, aber inzwischen nicht mehr zu finden ist, und lediglich die Hervorhebungen eingefügt.
Einen Abgleich mit dem nach wie vor verfügbaren Audio haben wir nicht vorgenommen.)


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