Stand: 10.2025
Aktuellere Entwicklungen im Themenkomplex
Wirbelschleppen und andere Risiken,


BIFR-Doku:

Wirbelschleppen


Der folgende Text befasst sich mit der Entstehung und Wirkung von Wirbelschleppen im Flugverkehr, der Behandlung des Themas im Planfeststellungsverfahren zum Ausbau des Flug­hafen Frank­furt und dem weiteren Umgang damit. Er gliedert sich wie folgt:

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Einleitung

Foto Wirbel

Normalerweise sind Wirbel­schleppen nicht sichtbar, aber hier zeigt sich ihre Wirkung.

Wirbel­schleppen sind ein in der Luft­fahrt lange bekann­tes Phänomen. Sie bestim­men im Wesent­lichen die Sicher­heits­abstände, die im Flug­betrieb einge­halten werden müssen. Daran wurde inten­sivst geforscht: vor dem Ausbau haben DLR, DFS und andere auch am Frank­furter Flug­hafen umfang­reich gemessen und model­liert, um die ICAO-Vorgaben für die Staffe­lung bei An- und Abflug zumin­dest bei bestimm­ten Wetter­verhält­nissen um­gehen zu können und Starts und Lan­dungen auf dem alten Parallel­bahn­system dichter zu packen.
Mehrere For­schungs­projekte wurden erfolg­reich abge­schlos­sen, aber für eine Einfüh­rung neuer Ver­fahren hat es nicht gereicht. Immer­hin hat die DLR ein Ver­fahren paten­tieren lassen, das den Abbau von Wirbel­schleppen beschleu­nigen soll - leider nur im Bereich unmittel­bar vor dem Aufsetz­punkt landen­der Flug­zeuge.

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Wirbelschleppe

Entstehung von Wirbel­schleppen

Allgemein verständ­liche Literatur dazu, was Wirbel­schleppen sind und wie sie ent­stehen, ist rar. 2013 hat die DLR zumin­dest einen Über­sichts­artikel veröf­fent­licht, der die elemen­taren Grund­lagen erklärt.
Die wesent­liche Erkennt­nis ist: Wirbel­schleppen ent­stehen zwangs­läufig hinter jedem Flug­zeug, da der Unter­druck unter den Trag­flächen, der den Auf­trieb erzeugt, ohne den kein Flug­zeug fliegen kann, sich an den Enden der Trag­flächen ab­bauen muss.

Die Stärke der ent­stehen­den Wirbel­schleppen hängt von einer Reihe von Para­metern ab. Grund­sätz­lich gilt: je schwerer ein Flug­zeug ist, desto stärker sind die Wirbel­schleppen, die es erzeugt. Tech­nische Vor­rich­tungen wie sog. Winglets können die Stärke der Wirbel­schleppen und den Luft­wider­stand redu­zieren.

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Wirkungen


... auf Flug­zeuge ...
Wirbelschleppen-Kategorien

Die neuen europäischen Wirbel­schleppen-Kate­gorien

Die Frage, welche Abstände Flug­zeuge vonein­ander ein­halten müssen, um nicht durch Wirbel­schleppen der jeweils anderen Maschine gefähr­det zu werden, steht für die For­schung und Regu­lierung im Luft­verkehr natur­gemäß im Mittel­punkt. Welche Gefahren bestehen, zeigt die "Bundes­anstalt für Flug­unfall­unter­suchungen" (BFU) in einem Video.

Von der Inter­natio­nalen Zivil­luft­fahrt-Organi­sation ICAO wurden daher schon 1970 drei Wirbel­schleppen-Kate­gorien (heavy, medium, light) defi­niert und alle Flug­zeug­typen auf­grund ihres maxi­malen Start­gewichts (maximum take-off weight, MTOW) in eine dieser Klassen einge­ordnet. Für die Auf­einander­folge von Starts oder Landungen von Flug­zeugen zweier Klassen wurden räum­liche oder zeit­liche Mindest­abstände fest­gelegt. Mit der Ein­füh­rung des Airbus A380 wurde später eine vierte Kate­gorie (super) ergänzt.
An Flug­häfen gilt dieser einzu­haltende sog. "Mini­male Staf­felungs­abstand" (englisch "minimum sepa­ration") als einer der wesent­lich­sten kapa­zitäts-ein­schrän­kenden Faktoren.

Mit Einfüh­rung neuer Flug­zeug­typen und zuneh­mender Erfah­rung gab es eine Reihe von Ansätzen, durch sog. Re-Kate­gorisie­rung kürzere Staf­felungs-Abstände einzu­führen und damit Kapa­zitäten zu erhöhen. Ein europä­isches For­schungs­projekt namens RECAT-EU führte schließ­lich 2024 zur Ein­führung einer Gliede­rung in sechs Kate­gorien, aller­dings wird dieses System bisher nur an wenigen europä­ischen Flug­häfen ange­wandt.

Die Wirkungen von Wirbel­schleppen spielen aller­dings nicht nur an Flug­häfen eine Rolle. Auch in anderen Flug­phasen kann es Aus­wir­kungen geben, die auch gravie­rend sein können. Mindes­tens zwei Abstürze, je einer 2001 in New York und 2008 in Mexiko Stadt, wurden durch Wirbel­schleppen ausge­löst. In beiden Fällen trugen aber auch Pilo­ten-Fehler zu der Kata­strophe bei.

Wirbelschleppen-Wirkungen

Ein weiterer drama­tischer Vor­fall ereig­nete sich 2017 über dem Arabi­schen Meer. Am 7. Januar kreuzten sich bei bestem Flug­wetter die Flug­routen eines A380 und eines "Business-Jets" (Privat­jets) vom Typ Canadair Challenger 604 der Münchner MHS Aviation.

Die Challenger geriet trotz des einge­haltenen verti­kalen Sicher­heits­abstandes von 1.000 ft (ca. 300 m) in die absin­kende Wirbel­schleppe des A380 und wurde dermaßen durch­gerüt­telt (3-5 volle Um­dreh­ungen um die Längs­achse, Trieb­werks­aus­fall), dass die Piloten, die schnell und nach den Vor­schriften reagier­ten, die Maschine erst nach einem Sturz­flug über rund 3.000 Meter wieder stabili­sieren und auf einem nahe­gelegenen Flug­hafen not­landen konn­ten.
Fast alle Insas­sen wurden ver­letzt, einer davon schwer, und die Maschine musste als Total­schaden abge­schrieben werden.

Die 'Bundesanstalt für Flugunfall-Untersuchungen' hat in ihrem Bulletin im Mai 2017 einen Zwischenbericht veröffentlicht, der die Abläufe sehr technisch-zurückhaltend beschreibt. Der 'Aviation Herald' berich­tete detail­liert über den Ablauf des Ereig­nisses und die Reak­tionen darauf. Er wies dabei darauf hin, dass es schon früher ähn­liche, aller­dings weniger drama­tische Vorfälle auch mit schwer­eren Maschinen als Opfer gegeben hat. Selbst das grösste existierende Passagierflugzeug, der Airbus A380, kann durch Wirbelschleppen von seinesgleichen in Schwierigkeiten geraten.
Auch im Juli 2025 kam es zu einem solchen Vor­fall, bei dem eine A321LR in Reise­flug­höhe in die Wirbel­schleppen einer A350-1000 geriet und zwei Flug­begleiter ver­letzt wurden.

Die EU-Luft­sicher­heits­behörde EASA hat noch im Jahr des Challenger-Unfalls ein "Safety Infor­mation Bulletin" heraus­gegeben, das 2021 noch­mal über­arbeitet wurde. Darin wurden Tipps für das Ver­halten bei der Begeg­nung mit Wirbel­schleppen-Turbu­lenzen gege­ben. In der Presse wurde auch über ver­schärfte Rege­lungen speku­liert, die Sicher­heits­abstände wurden aller­dings nicht ver­ändert.

Über zwei "Schwere Störungen" kurz hintereinander am Flug­hafen Frank­furt, bei denen am 30.09.2005 eine Boeing 737-300 und am 05.11.2005 eine Airbus A320-200 im Anflug auf die Süd­bahn von einer Wirbel­schleppe einer 5 nauti­schen Meilen (5 NM, rund 9,3 km) bzw. mehr als 6 nauti­schen Meilen (6 NM, rund 11,2 km) voraus auf der Center­bahn (damals Nord­bahn) landenden B747-400 in Roll­bewe­gungen um die Längs­achse von über 60° ver­setzt wurden, berich­tet die BFU knapp 10 Jahre später, aller­dings nur in Form von "Fakten­berichten" ohne Schluss­folge­rungen und Empfeh­lungen. Demnach wurden die empfoh­lenen Sicher­heits­abstände einge­halten, und die Wir­kungen kamen uner­wartet. Da es aber keine sicht­baren Verlet­zungen gab, fanden die Vor­fälle nur wenig Auf­merk­samkeit.

Aller­dings waren zwischen­zeit­lich die Sicher­heits­abstände am Flug­hafen Frank­furt beim Anflug auf das Parallel­bahn­system von Osten auf­grund einer anderen BFU-Unter­suchung sogar auf 6 Nauti­sche Meilen erhöht worden.
Warum die DFS trotz all dieser Erfah­rungen 2019 dann plötz­lich zu der Auf­fassung kam, 4 NM müssten als Sicher­heits­abstand auch reichen, hat sie bis heute nicht verraten.

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... und am Boden

Kurioser Weise wurde aber lange über­sehen oder sogar geleugnet, dass Wirbel­schleppen auch am Boden Schaden anrichten können. Flug­häfen möchten dieses Thema welt­weit gerne tot­schweigen, oder, wie eine briti­sche Berater-Firma nett formu­lierte:

"The sensi­tivity of the issue makes access to data on vortex damage inci­dence at other airports diffi­cult."
("Die Sensiti­vität des Themas macht den Zugang zu Daten über Wirbel­schleppen-Vor­fälle an anderen Flug­häfen schwierig." (eigene Über­setzung))
Halcrow Group Limited, London City Airport Wake Turbulence Study, Final Report, December 2010.

Foto Wirbelschleppen-Schaden

Wenn Wirbel­schleppen auf Ziegel­dächer treffen, können sie auf­grund des ent­stehen­den Unter­drucks einzelne oder manch­mal auch eine grös­sere Zahl von Ziegeln heraus­reissen. Auch andere Arten von Dächern, Dach­ein­bauten und andere Gegen­stände können beschä­digt werden.

In Raunheim ist der Effekt schon lange bekannt (s. Karte). Einer der drama­tisch­sten Schadens­fälle ereig­nete sich hier am 15.09.2014. In der Adal­bert-Stifter-Strasse im Süden der Stadt wurden fast zwei Dutzend Ziegel aus einem Dach gerissen. Etliche schlugen in der Einfahrt vor dem Haus­eingang ein und zer­störten ein Auto, das kurz danach von einer Familie mit drei Kindern benutzt werden sollte - pures Glück, dass es hier nicht zu Personen­schäden kam.

Seit Eröff­nung der Nordwest­bahn im Oktober 2011 ist auch Flörs­heim stärker betroffen, mit einer beson­deren Häufung der Schäden während der langen (Nord-)Ost­wind-Wetter­lage von Februar bis April 2013 (s. Karte). Auch hier kam es zu drama­tischen Schadens­fällen, bei denen es eben­falls nur durch pures Glück nicht zu Personen­schäden kam.

In der Folge­zeit gab es auch neue Phäno­mene: zum Einen mussten Zeugen erleben, dass auch Boote auf dem Main durch Wirbel­schleppen gefährdet werden können. Bei Ostwind ist daher das Main­stück unter der Anflug­route auf die Nordwest­bahn für Ruderer und Paddler tabu, wenn sie nicht riskieren wollen, zu kentern.
Zum Anderen wurden ausser Ziegel auch andere Dach­einbauten be­schä­digt, u.a. ein Solar­modul (dieser Zeitungs­bericht ist nicht mehr online verfüg­bar) und ein Dach­fenster. Ende 2016 gab es in Raun­heim noch einen Schaden, in dem auch die Fassade eines Hauses getrof­fen und ein Roll­laden abge­rissen wurde.

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Wirbel­schleppen-Gefahren in der Plan­fest­stellung

Die Aus­einander­setzung mit diesen Gefahren im Plan­fest­stel­lungs­ver­fahren zum Bau der Nordwest­bahn und im dazu 2007 ergang­enen Beschluss ist eine der vielen Skandal­geschichten rund um diesen Ausbau.

Gutachten und Beschluss

Fraport hatte im Plan­fest­stellungs­verfahren gut­achter­lich fest­stellen lassen, dass Wirbel­schleppen-Schäden im Raun­heimer Stadt­gebiet nicht auftreten können.

Grafik: Wirbelschleppen-Risiko und Schäden

Die Genehmi­gungs­behörden haben diese Position unver­ändert über­nommen, obwohl ein Gut­achten für das Hessi­sche Wirt­schafts­minis­terium die Funk­tions­weise und die Folgen solcher Wirbel­schleppen mit aller Klar­heit, wenn auch immer noch unter­schätzend, (s. Auszug hier) beschrieben hatte. Dieses Gut­achten hat auch später weder im Minis­terium oder anderswo bei den Auf­sichts­behörden irgend­welche Konse­quenzen gehabt. Im Gegen­teil: noch nach der Schadens­serie in Flörs­heim liess das Minis­terium ver­lauten, man bezwei­fele den Zusammen­hang zwischen Wirbel­schleppen und Dach­schäden.

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Klagen


Schadens-Wahr­schein­lich­keit
VGH-Urteil 2009

Der Verwal­tungs­gerichts­hof in Kassel hat 17 Seiten lang begründet, warum er der Ein­schätzung des Fraport-Gut­achtens folgt, obwohl gegen­teilige Fakten vor­gelegt wurden. Den Gipfel der juris­tischen Aus­legungs­akrobatik zeigt die Grafik links.

Die oben zitierte englische "London City Airport Wake Turbulence Study" kommt übrigens noch 2010 nach Begut­achtung der vor­liegenden For­schungs­ergeb­nisse zu der Schluss­folgerung, dass das Absinken und die Abschwächung von Wirbel­schleppen nicht hin­reichend genau vorher­gesagt werden können, so dass Risiko­betrach­tungen nicht auf Modell­rech­nungen, sondern auf vor­liegende Statis­tiken über Schadens­fälle gestützt werden müssen.

Cartoon Wirbelschleppen-Schaden

Deutsche Gutachter und Gerichte haben solche Skrupel offen­sicht­lich nicht, im Gegen­teil, sie schliessen die Berück­sichti­gung vor­liegen­der Erfah­rungen expli­zit aus.
Angeblich sei nicht hin­reichend bewiesen, dass die geltend gemachten Schadens­fälle tatsäch­lich auf die Einwir­kung von Wirbel­schleppen zurückzu­führen seien, während anderer­seits nach Über­zeugung der Gerichte die vorge­legten Modell­rechnungen dem Stand der Wissen­schaft ent­sprächen und damit deren Ergeb­nisse über jeden Zweifel erhaben sind.

Immerhin war dem Bundes­verwaltungs­gericht dieser schrei­ende Wider­spruch zwischen Theorie und Praxis pein­lich genug, um die Revi­sions­klage nicht einfach abzu­weisen, sondern sie dadurch aus der Welt zu schaffen, dass Fraport ver­pflich­tet wurde, die Dächer im Besitz der Klägerin durch Klammern zu sichern, und damit die Klage für erledigt zu erklären. Von städti­schen Gebäuden (acht an der Zahl) flogen danach keine Ziegel mehr.

Man kann durchaus Zweifel haben, ob die Stadt Raun­heim und ihre Rechts­ver­treter in diesen Prozes­sen wirklich alle Mög­lich­keiten genutzt und eine opti­male Argu­menta­tion ent­wickelt haben. Das gilt leider auch für die Klagen der Stadt Flörs­heim und Flörs­heimer Bürger*innen, die etwas später verhan­delt wur­den.

Der eigent­liche Skandal liegt aber ein­deutig im Ver­halten der Geneh­migungs­behör­den, die keine unab­hängige Prüfung durch­geführt und nicht die not­wen­digen Ressour­cen bereit­gestellt haben, um die offenen Fragen wirk­lich fun­diert zu klären.

Grafik

Statt­dessen haben sie die Argumen­tation der Fraport weitest­gehend unge­prüft über­nommen und allein deren Inter­essen ver­treten. Die Gerichte sind dem mit zum Teil aben­teuer­lichen Argu­menta­tionen gefolgt.

Und selbst, nachdem die tat­säch­liche Entwick­lung Jahre später die Absur­dität des ersten Wirbel­schleppen-Gut­achtens für alle sicht­bar gemacht hatte, zeigte sich der Hessi­sche Ver­waltungs­gerichts­hof unbe­ein­druckt. In einem Teil­beschluss zur Klage der Stadt Flörsheim (Hess. VGH, 9. Senat, 9 C 1507/12.T, Randnummer 103, S. 50) führt er aus:

"Außerdem ist es für die hier zu beur­teilende Frage der Über­tragbar­keit der in den Muster­verfahren ... getrof­fenen Entschei­dung unerheb­lich, ob in dem Gut­achten G 1 Anhang II.1 die damals schon etablier­ten Methoden zur Beur­teilung von Wirbel­schleppen nicht oder nur fehler­haft heran­gezogen wurden, deshalb die in Wirbel­schleppen herr­schenden Unter­drücke, die Über­lebens­wahr­schein­lich­keit von Wirbel­schleppen, ihr Absink­verhalten, die in ihnen herr­schende Wirbel­stärke und Zirku­lation, die meteoro­logischen Ein­flüsse und die Boden­effekte nicht bzw. fehler­haft berech­net oder berück­sichtigt wurden mit dem Ergebnis eines um den Faktor von mindes­tens 10⁷ abwei­chenden Wertes der Ereignis­wahr­schein­lich­keit.
Denn entgegen der Ansicht der Klägerin ist auch dann, wenn es nach alledem mehr­mals im Jahr anstelle von einmal in 10 Mil­lionen Jahren zu Wirbel­schleppen­schäden im Stadt­gebiet der Klägerin kommen wird ..., nicht ersicht­lich, dass sich die Auswahl der Planungs­alter­native Südbahn als vorzugs­würdig hätte auf­drängen müssen, mit der zwar eine geringere Wirbel­schleppen­betroffen­heit verbunden gewesen, jedoch ein Erreichen der Plan­ziele unmög­lich geworden wäre, ... .",

Um sieben bis acht Grössen­ordnungen daneben, aber immer noch nicht falsch genug - hier hat das Gericht wahr­haftig neue Standards für die Quali­tät von Gut­achten gesetzt. Oder anders gesagt: das "Erreichen der Plan­ziele" hat absolute Prio­rität, welche Argumen­tation dafür benutzt wird, spielt keine Rolle.

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PFB-Text

Schadens-Reparatur

Es ist kaum zu erklären, wie und warum, aber trotz aller Ver­suche von Behörden und Gerich­ten, festzu­legen, dass Wirbel­schleppen-Schäden gar­nicht exis­tieren, ist aus den juris­tischen Aus­einander­setzungen doch noch eine Rege­lung hervor gegangen, die den Opfern solcher Schäden zumin­destens ein biss­chen helfen kann.
Bereits der Beschluss 2007 ent­hielt im Verfü­genden Teil eine Neben­bestim­mung (A XI 2.3, S. 130):

"Die Vorhabens­trägerin wird ver­pflichtet, nachweis­lich durch eine Wirbel­schleppe eines auf dem Flug­hafen Frank­furt Main landen­den oder starten­den Luft­fahr­zeugs verur­sachte Schäden auf ihre Kosten zu besei­tigen oder die angemes­senen Kosten der Schadens­besei­tigung zu erstat­ten. ..."
Mit dieser Neben­bestimmung hätte Fraport wahr­schein­lich gut leben können. Sie beschrieb die bisherige Praxis und enthielt ein hin­reichend grosses Schlupf­loch, um der Ver­pflich­tung zu entgehen, denn "nach­weis­lich durch eine Wirbel­schleppe ... verur­sacht" ist ein nur schwer zu erfül­lendes Krite­rium. Den aller­meisten Opfern dürften die Ressour­cen fehlen, einen solchen Nachweis zu erbringen.

Während der Verhand­lung der Muster­klagen gegen den Beschluss, in der auch die Klage der Stadt Raun­heim verhan­delt wurde, gaben die Ver­treter des beklag­ten Minis­teriums auf Antrag aller­dings eine münd­liche Prozess­erklä­rung ab, mit der diese Beweis­last umge­kehrt wurde. Im Urteil des Hess. VGH ist dies fest­geschrie­ben:

"Diese Neben­bestim­mung hat der Beklagte durch Erklä­rung in der münd­lichen Verhand­lung dahin­gehend abge­ändert, dass nun­mehr die Beige­ladene nachzu­weisen hat, dass bei Schadens­eintritt die Voraus­setzungen dieser Ver­pflich­tung nicht erfüllt sind."
d.h. die "Beige­ladene" (die Fraport AG) müsste beweisen, dass es keine Wirbel­schleppe war.

In einer folgenden "Plan­ergänzung" (s. unten) bestätigt das Minis­terium

"Diese Verpflich­tung wurde in dem Klage­verfahren vor dem Hessi­schen Verualtungs­gerichts­hof (Hess. VGH) am 26.06.2009 durch Prozess­erklärung bzgl. der Beweis­last abge­ändert, so dass Geschä­digte keinen Nach­weis führen müssen, dass ein Schaden auf Wirbel­schleppen zurück­zuführen ist (vgl. Hess. VGH, Nieder­schrift über die münd­liche Verhand­lung, Az. 11 C 227108.T u.a., S. 55 f.)."
Damit ist recht­lich eindeutig geklärt, dass Fraport für alle Schäden zahlen muss, bei denen sie nicht beweisen können, dass sie nicht durch eine Wirbel­schleppe verur­sacht wurden, selbst unab­hängig davon, in welchem Zustand sich das beschä­digte Dach (oder die sonstige beschä­digte Sache) befunden hat. In der Praxis sieht das leider anders aus.

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Planergänzungen

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Titelblatt der 2. Planergänzung

Nach Inbetrieb­nahme der neuen Lande­bahn im Oktober 2011 liess sich die Realität nicht mehr länger wegde­finieren. Die Schadens­serie in Flörsheim 2013, die natür­lich ganz ein­deutig nur durch die neuen Über­flüge erklärt werden konnte, und die Landtags­wahlen im Herbst 2013 liessen den poli­tische Druck so groß werden, dass sich das Minis­terium dazu gezwungen sah, einige von den Gerichten als unnötig verwor­fene Maßnahmen doch noch umzu­setzen.
Es erließ einen Plan­ergänzungs­beschluss nebst Anlage I, der zwar immer noch verbal den Zusammen­hang zwischen Dach­schäden und Wirbel­schleppen in Frage stellte, aber aus "Vorsorge­gründen" nun doch Fraport verpflich­tete, Dächer gegen Wirbel­schleppen­schäden zu sichern. Form und Inhalt dieses Beschlusses dokumen­tierten jedoch nur einmal mehr die völlige Unfähig­keit des Ministers, mit dem Problem adäquat umzu­gehen (Details dazu s. hier und hier).

Daran hat sich auch nach dem Wechsel von FDP-Mann Rentsch zum Grünen Al-Wazir nichts geän­dert. Zwar sah sich letz­terer im Früh­jahr 2014 nach neuer­lichen Vor­fällen in Raun­heim, die er zunächst herunter­spielen wollte, doch genötigt, Rentschs Plan­ergänzung noch­mals zu ergänzen (Plan­ergän­zungs­beschluss II nebst Anlage II), und dabei das "Vorsorge­gebiet" auf ganz Raun­heim und ganz Flörs­heim auszu­dehnen und eine absurde "Stich­tags­regelung" aufzu­heben, aber die grund­legenden Mängel hat das nicht besei­tigt.
Niemand weiss, ob die Siche­rung wirk­lich aus­reicht, und nach wie vor ist völlig unklar, wie gefähr­dete Dach­ein­bauten und andere Bereiche, die von Wirbel­schleppen getroffen werden können (Balkone, Terrassen, Gärten usw.) geschützt werden sollten.

Grafik: Dachsicherungsgebiet

Sowohl das Minis­terium als auch Fraport haben eigene, aller­dings nicht ganz leicht zu findende Infor­mations­seiten zu dem Thema. Auf der Minis­teriums-Seite findet man ein paar grund­legende Informa­tionen und die recht­lich rele­vanten Texte und Karten­darstel­lungen, auf der Fraport-Seite stehen die notwen­digen Informa­tionen und Formu­lare für Bean­tragung und Durch­führung der Siche­rung zur Verfü­gung.

Auch hier sind die Ansprüche der Betrof­fenen relativ klar gere­gelt. Die Plan­ergän­zung 2013 verfügt:

  1. Die Eigen­tümer von Grund­stücken, die inner­halb der in der Anlage zu diesem Plan­ergänzungs­beschluss bezeich­neten Gebiete belegen sind oder von den Gebiets­grenzen ange­schnitten werden, können ver­langen, dass die Dach­eindeck­ungen von Gebäuden auf diesen Grund­stücken, die bis zum 23.03.2007 errich­tet worden sind, gegen wirbel­schleppen­bedingte Wind­böen gesichert sind.
  2. ...
  3. ...
  4. Der Anspruch nach Ziffer 1 besteht nicht, soweit die auf den Grund­stücken errich­teten Gebäude hinsicht­lich der Dach­eindeck­ungen den Anforde­rungen des $ 12 der Hessi­schen Bau­ordnung in der zum Zeit­punkt ihrer Errich­tung anwend­baren Fassung nicht genügen.
Die Plan­ergän­zung 2014 ändert daran nichts, sondern weitet nur den Geltungs­bereich zeit­lich und räum­lich aus.

Danach haben also alle Haus­besitzer­*innen in Flörsheim und Raunheim das Recht, die Dächer ihrer Häuser von oder auf Kosten von Fraport gegen Wirbel­schleppen-Schäden sichern zu lassen, wenn diese Häuser vor dem 26.05.2014 errichtet wurden und die Dächer in einem Zu­stand sind, wie er zum Zeit­punkt der Errich­tung des Hauses durch die Hessi­sche Bau­ordnung (HBO) vorge­schrieben war.
Für viele Alt­bauten bedeutet das, dass es gar keine speziel­len Anforde­rungen an den Zustand des Daches gibt, weil zum Zeit­punkt ihrer Errich­tung noch keine HBO exis­tierte. Deren erste Fassung wurde 1957 einge­führt, war damals aller­dings noch ganz anders struk­turiert. Für Häuser aus dieser Zeit wäre wohl sinn­gemäß § 30 (3) HBO 1957 anzu­wenden.

Zum Zeit­punkt des Erlasses der Plan­ergän­zung lautete der Text:

"§ 12 Schutz gegen schäd­liche Einflüsse
¹Bauliche Anlagen müssen so ange­ordnet, beschaffen und gebrauchs­tauglich sein, dass durch Wasser, Feuchtig­keit, Ein­flüsse der Witte­rung, pflanz­liche oder tier­ische Schäd­linge oder durch andere chemi­sche, physika­lische oder bio­logische Ein­flüsse Gefahren, unzumut­bare Nach­teile oder unzumut­bare Belästi­gungen nicht ent­stehen.
²Grund­stücke müssen für bauliche Anlagen entspre­chend geeignet sein."
Nachfol­gende Ände­rungen haben wegen der Stich­tags­regelung hier keinen Einfluss mehr.

Damit ist eigent­lich ganz klar: ein Dach, das sich in einem Zu­stand befindet, wie er zum Zeit­punkt des Haus­baus Vor­schrift war, also tech­nisch intakt und dicht ist, muss von Fraport auf deren Kosten gesichert werden.
Auch hier ist aber die Praxis leider eine andere. Fraport ent­wickelt zu all diesen Fragen "eigene Rechts­auf­fas­sungen" nach dem Pippi-Lang­strumpf-Prinzip ("Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt") und setzt sie einer­seits mit Droh­ungen, anderer­seits mit freund­licher Unter­stützung der Aufsichts­behörden, auch durch.

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Das Dachsicherungs­programm

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Programm-Ablauf

Offiziell ist das Sicherungs­programm Ende Juni 2013 ange­laufen. Im An­spruchs­gebiet der ersten Plan­ergänzung lagen ca. 3.000 Dächer, und der Hessi­sche Verwal­tungs­gerichts­hof ging in der Ablehnung eines Eilan­trags der Stadt Flörs­heim im Juli 2013 noch "von einer schnellen und deut­lichen Verringe­rung des Gefahren­potenzials" aus.
Allerdings lagen nach Fraport-Aus­sagen in der Presse auch ein Jahr nach Programm­beginn erst 862 Anträge vor, von denen ca. 2/3 formal bear­beitet werden konnten. In der Summe hiess das, dass in diesem Gebiet im ersten Anlauf ca. 20% der Dächer zur Sicherung vorge­sehen waren.

Mit der zweiten Plan­ergänzung kamen schätzungs­weise noch einmal so viele Dächer dazu, und das Inter­esse an einer Siche­rung war auch da nicht viel grösser. Nach einem weiteren Jahr gab es Ende Mai 2015 laut Presse­berichten 1.941 Anträge auf Siche­rung (ca. 30%), 824 Dächer (ca. 14%) waren gesichert.

Am 10. August 2015 teilte Fraport in einer eigenen Zwischen­bilanz mit, dass
"an über 1.000 Gebäuden in den defi­nierten Gebieten die Dachein­deck­ungen zur Präven­tion von Wirbel­schleppen­schäden gesichert" wurden.
Exakt wurden bis zum 7. August

"die Dach­sicherungs­maßnahme ... bei bis­lang 1.026 Objek­ten voll­ständig abge­schlossen; bei weiteren 651 Objek­ten wurden bereits alle Vorar­beiten abge­schlos­sen und die Dach­siche­rungs­maß­nahme als nächs­ter Schritt anvi­siert oder bereits begon­nen. Bei weiteren 222 Objek­ten laufen der­zeit die Vorar­beiten, wie z.B. eine Termin­abstim­mung mit dem Eigen­tümer zur Besich­tigung des Daches vor Ort."
In zwei Jahren und drei Monaten waren also rund 17% der nach Meinung des Minis­teriums gefähr­deten Dächer gesichert, bei weiteren knapp 15% war die Sicherung mehr oder weniger fest geplant. Insge­samt waren also nicht ein­mal ein Drittel der Dächer (32%) von dem Programm erfaßt.

Für das zweite Drittel der gefähr­deten Dächer brauchte Fraport beinahe zehn Jahre. Anläss­lich eines neuen Schadens­falls in Raunheim berichtete die Main-Spitze, nach Fraport-Angaben "sind bis zum 24. Juli 2025 exakt 3.813 Anträge auf Dach­siche­rung ge­stellt worden, davon seien bis­lang circa 95 Pro­zent umge­setzt oder in Umset­zung". Das heisst im Klar­text, dass mehr als 12 Jahre nach Beginn des sog. "Dach­siche­rungs­programms" nicht ein­mal ganz zwei Drittel (sondern nur rund 60 %) der ca. 6.000 Dächer, die zu sichern sind, auch tatsäch­lich von Fraport gesichert wurden. Was mit den anderen über 2.000 Dächern ist und ob das Risiko von schweren Schäden damit wirk­lich, wie gericht­lich gefor­dert, hinrei­chend redu­ziert ist, interes­siert bei Fraport und in den Aufsichts­behörden niemanden.

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Mängel

Dass dieses Programm so schleppend vorangeht und von Fraport als "unbefristet" bezeichnet wird, obwohl alle nach 2014 gebauten Häuser von den Eigentümern selbst gesichert werden müssen, hat mehrere Gründe.

Es wurde erst nach und nach bekannt, aber schon früh versuchte Fraport, die Kosten des Programms zu drücken, indem sie sich weigerten, bestimmte Teile der notwen­digen Arbeiten zu über­nehmen und nur die eigent­liche Klamme­rung zu bezahlen. Wenn der Unter­bau speziell dafür ertüch­tigt werden musste oder beson­dere Klammern erforder­lich waren, sollten die Eigen­tümer die Zusatz­kosten selbst über­nehmen.
Das war klar rechts­widrig, aber da die Antrag­steller keine poli­tische Unter­stützung bekamen, kam Fraport damit durch.
Zwar darf man davon aus­gehen, dass eine Klage gegen diese Willkür durch­aus Chancen auf Erfolg gehabt hätte, aber die Aus­sicht, ohne weitere Unter­stützung einen Prozeß mit erheb­lichem Kosten­risiko zu führen, um eine eigent­lich sowieso nicht geliebte Maßnahme durch­zusetzen, war wohl für niemanden attraktiv.

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Die "Kosten­senkungs-Stra­tegie", die Fraport natür­lich auch gegen­über den beauf­tragten Dach­decker-Betrie­ben anwandte, führte natur­gemäß auch dazu, dass sie sich von Anfang an mit Pfusch aus­einander­setzen mussten. 2015 mussten über 100 Dächer, die bereits "gesichert" waren, nochmals über­prüft werden, bei vielen war eine Nach­besserung not­wendig.
Wie die Mängel ent­deckt wurden, was die Ursache war und was getan werden musste, blieb zunächst im Dunkeln. Nach dama­ligen Presse­berichten darf man aber wohl davon aus­gehen, dass nicht eine omi­nöse "Fraport-Quali­täts­sicherung", sondern der Her­steller der Siche­rungs-Klammern den Fehler entdeckt und eine Nach­besse­rung veran­lasst (und wahr­schein­lich auch bezahlt) hat.

Eine weitere Methode, Kosten zu senken, war, Haus­besitzer­*innen von der Mög­lich­keit abzu­halten, Dach­decker eigener Wahl zu beauf­tragen und sich die Kosten anschlies­send von Fraport ersetzen zu lassen. Bei Durch­führung der Maß­nahmen in Eigen­regie hatte Fraport mehr Mög­lich­keiten, alle "Kosten­senkungs­poten­tiale" auszu­nutzen.
Der wohl albernste Ansatz dazu war die Propa­gierung eigener, höherer "Fraport-Standards" für die Siche­rung, die aller­dings nirgendwo klar definiert wurden. Zwar wurde die faktische Unbe­gründet­heit dieser Behaup­tungen relativ schnell gezeigt, sie spukten aber den­noch noch eine ganze Weile durch die Fraport-Propa­ganda.

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Sicherungs-Standards

Auch diese Diskus­sionen machten aber erneut einen Mangel deut­lich, der schon die gesamte Diskus­sion um die Wirbel­schleppen-Schäden geprägt hatte: es ist klar, dass Wirbel­schleppen den Boden erreichen und Schäden an­richten können, aber niemand kann genau sagen, unter welchen Beding­ungen das passiert und welche Kräfte dabei aus­geübt werden.

Schon im Jahr 2011 trat auf­grund zuneh­mender Stark­wind-Schäden eine neue Fach­regel des "Zentral­verband des Dach­decker-Hand­werks" (ZVDH) in Kraft, die die bis dahin gelten­den Rege­lungen deut­lich ver­schärfte. Seit­her müssen prak­tisch alle neu gedeckten Dächer gesichert werden.
Offen bleibt aller­dings, welche Anforde­rungen genau gelten. Ein Info-Paper für das Dach­decker-Hand­werk führt zu den Anforde­rungen an die Wind­sog­siche­rung aus:

"Unter bestimm­ten Umstän­den ist die Berech­nung durch Sonder­fach­leute oder ein Statik­büro not­wendig:"

Damit wird die Verant­wortung auf "Sonder­fach­leute" und "Statik­büros" abge­schoben. Hin­weise, wie "Einflug­schneisen" abzu­grenzen wären, oder wie die Belas­tungen da zu berech­nen sind, gibt es nicht.
Faktisch bedeutet das, dass im Nah­bereich von Flug­häfen pauschal die Anforde­rungen an die Dach­sicherung für die Wind­schutz­zone 1, die auch Fraport zugrunde legt, ange­wendet werden. Die Umset­zung dieser Regeln scheint aber generell nicht einfach zu sein.

Festzu­halten bleibt aber auch: die Fach­regeln des Hand­werks wissen zu den Belas­tungen durch Wirbel­schleppen nichts zu sagen. Die "öffent­lich bestell­ten und verei­digten" Gutachter, die Fraport regel­mäßig zur Schadens­begut­achtung heran­zieht, wissen angeb­lich alles darüber - verraten es aber nicht.

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Titel DLR-Gutachten
Modellierungen

Das DLR-Modell

Im Herbst 2013 behaup­tete Fraport, für die Bestim­mung der wirken­den Wind­lasten eine Lösung zu haben, und teilte dem stau­nenden Publikum mit, dass ein im April 2013 gemein­sam mit den Städten Flörs­heim und Raun­heim bei der DLR in Auftrag gege­benes Gut­achten nun vor­liege und das Fraport-Vor­gehen "grund­sätzlich" bestä­tige.
Zwanzig Schadens­fälle seien mit Hilfe eines neuen Modells unter­sucht worden. Nur für sieben davon seien Wirbel­schleppen als Ursache "plausibel" (wobei dies im Einzel­fall immer noch vor Ort nachge­wiesen werden müsse), und alle sieben Fälle lägen im jewei­ligen "Anspruchs­gebiet".

Damit glaubte Fraport alle weiteren Diskus­sionen über die notwen­dige Art der Siche­rung und über die Beur­teilung von Schadens­fällen erledi­gen zu können. Ver­öffent­lichen wollten sie das Gut­achten aber lieber nicht, angeb­lich wegen noch beste­hender "Rechts­streitig­keiten". Der Verein "Für Flörs­heim" hatte aller­dings von dieser Heim­lich­tuerei irgend­wann genug und hat den Text des der Stadt Flörs­heim zur Verfü­gung gestell­ten Exem­plars ins Netz gestellt.

Wie nach dem Fraport-Vorg­ehen nicht anders zu erwarten war, ent­puppte sich der Inhalt des Gut­achtens als keines­wegs so ein­deutig, wie Fraport behaup­tet hatte. Eine beson­dere Über­raschung ent­hielt die Karte, die die Posi­tionen der unter­suchten Wirbel­schleppen-Schäden und ihre Bewer­tung zeigt.

Die Wirbel­schleppen­schäden werden keines­wegs immer unplau­sibler, je weiter die Schadens­orte vom Flug­hafen entfernt sind. Im Gegen­teil liegen vier von den sieben als "unplau­sibel" einge­stuften Schadens­fällen im Osten Raun­heims, also unstrei­tig mitten im Risiko­gebiet, während ein Fall in Rüssels­heim (!), weit ausser­halb des "Anspruchs­bereichs", als "bedingt plausibel" einge­schätzt wird.
Daraus folgt, dass zumin­dest einige der Schadens­fälle nur als "unplau­sibel" einge­stuft wurden, weil im konkre­ten Fall gerade die Wind­beding­ungen laut Modell nicht passten, grund­sätz­lich aber an diesen Stellen sehr wohl Wirbel­schleppen­schäden auf­treten können. Anderer­seits hält das Modell Wirbel­schleppen­schäden an Stellen für mög­lich, die weit ausser­halb des "Anspruchs­bereichs" liegen. Und das wiede­rum würde heissen, dass das Risiko­gebiet, in dem Wirbel­schleppen auf­treten können, auch gegen­über dem in der zweiten Plan­ergän­zung neu defi­nierten Bereich ganz erheb­lich ausge­dehnt werden müsste.


Schadensbeurteilung DLR 2013

Die Karte zeigt die Position von 19 der von der DLR beurteilten Schadensfälle sowie die jeweilige Bewertung
(Der 20. Fall liegt auf der Ostseite des Flughafens und wurde als "nicht plausibel" bewertet).
In unmittelbarer Nachbarschaft des als "nicht plausibel" bewerteten Falls in Flörsheim kam es im Mai 2015 zu einem Schaden,
der ohne Zweifel von einer Wirbelschleppe verursacht wurde.
Die in Raunheim als "nicht plausibel" bewerteten Fälle liegen allesamt in Bereichen, in denen bereits Wirbelschleppen-bedingte Schäden aufgetreten sind.
Interessanterweise erklärt das DLR-Modell auch einen Schadensfall in Rüsselsheim, weit ausserhalb des Dachsicherungsgebiets, für "bedingt plausibel".
(Eigene Darstellung nach dem DLR-Gutachten "über Wirbelschleppen im Zusammenhang mit Schadensmeldungen ... des Flughafen Frankfurt Main"
vom 18.11.2013, Text S. 9f, Anhang Bild 8)

Wie meist in solchen Fällen, waren die Fraport-Angaben auch hier nicht einmal die halbe Wahr­heit und damit eine ganze Lüge. Die DLR-Gut­achter haben nicht etwa die hier aufge­tretenen Schäden ausführ­lich unter­sucht, sondern nur ver­sucht, ein Modell der Wirbel­schleppen-Aus­breitung, das für andere Zwecke ent­wickelt wurde, nun für das Ab­sinken von Wirbel­schleppen aus grös­seren Höhen zum Boden anzu­wenden. Wenn aber ein solches Modell die Reali­tät nicht erklären kann, darf man daraus nicht schliessen, dass die Reali­tät falsch ist. Viel­mehr liegt erst einmal der Ver­dacht nahe, dass das Modell nicht geeig­net sein könnte.

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Grenzen vorhandener Modelle

Wie zuver­lässig Modelle zu dieser Zeit waren, geht auch daraus hervor, dass ein anderes DLR-Institut damals schon seit Jahren an einem System forschte, das es Flug­zeugen erlauben sollte, Wirbel­schleppen von voraus­fliegen­den Flug­zeugen zu um­fliegen. Selbst mit genauen Daten über den Wirbel­schleppen-Er­zeuger (Gewicht, Posi­tion, Geschwin­digkeit, Wetter­beding­ungen usw.) war es nicht möglich, die genaue Position der Wirbel­schleppen in einigen hundert Meter Entfer­nung vorher­zusagen. Flug­versuche Ende 2016 haben laut DLR-Presse­mittei­lung gezeigt, "dass der gewählte Ansatz prinzip­iell gute Wirbel­prognosen liefert und das Situa­tions­bewusst­sein der Piloten schärft" - aber eben noch keine exakten Aussagen ermöglicht.
Die DLR hat dieses "Wake Encounter Avoidance & Advisory System" genannte System 2019 noch einmal auf einer Messe in Moskau vorge­stellt und dabei erwähnt, dass es "im A320ATRA Anwen­dung gefunden hat", einem DLR-eigenen For­schungs­flugzeug. Weitere Anwen­dungen scheint es nie gegeben zu haben. Auch für den Unfall über dem Arabischen Meer wurde keine erklärende Modellierung vorgelegt.

Im Fall von Wirbel­schleppen-Schäden am Boden sind eine Viel­zahl der Para­meter, die bei der Begeg­nung zweier Flug­zeuge recht genau gemessen werden können, nicht bekannt. Selbst wenn der exakte Zeit­punkt des Ereig­nisses fest­steht, das aus­lösende Flug­zeug identi­fiziert werden kann und man dessen Höhe und Geschwin­digkeit halb­wegs genau kennt, ist das genaue Gewicht nur schwer zu ermit­teln, und die notwen­digen Wetter­daten sind in der Regel nur von weiter entfern­ten Stat­ionen bekannt und können lokal erheb­lich abweichen.
Und wenn schon bei genauer Kennt­nis dieser Daten keine exakten Aus­sagen möglich sind, kann man ohne sie besten­falls Wahr­schein­lich­keiten ab­schätzen, aber keinen Beweis führen. Genau das sagen die Gut­achter auch, aber Fraport wollte es nie hören. Und an dieser Situa­tion hat sich bis heute nichts geändert.

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Ein anderer Modell-Ansatz

Ein anderer Gutachter beschreibt auf der Web­seite seines Büros den Inhalt eines Gut­achtens, das er zusammen mit einem anderen nach zwei Schadens­fällen an einem unge­nann­ten Flug­hafen (wahr­schein­lich Stutt­gart Ende der neun­ziger Jahre) erstellt hat.
Dort wurden nach Verlängerung der Start- und Landebahn Häuser in gering­erer Flug­höhe in relativ kleinem seit­lichen Abstand über­flogen (etwa vergleich­bar mit der Situa­tion auf dem Raun­heimer Mönchhof­gelände).

Grafik: Experten im Nebel

Da sich auch die dort auftretenden Schäden mit den üblichen Ansätzen nicht erklären liessen, gab es Über­legungen, ob bei der Model­lierung andere Para­meter und Prozesse berück­sichtigt werden müssen.
Das führte zu einem Modell mit wesent­lich höheren Sog­wirkungen von Wirbel­schleppen (1,3 statt 1,05 kN/m²), mit dem sich die Schadens­fälle erklären liessen. Wegen der vielen darin enthaltenen unsiche­ren Parameter und möglicher­weise verstär­kenden Pro­zesse liess dieser Ansatz auch einen deut­lich höheren Sicher­heits­faktor für die Dach­sicherung not­wendig erschei­nen (2,5 statt 1,4).

Soweit wir wissen, sind diese Ansätze bisher nirgendwo sonst zur Anwen­dung gekommen, könnten aber möglicher­weise auch die hier aufge­tretenen Schäden erklären.
Konse­quenz wäre dann aller­dings auch, die Anforde­rungen an die Dach­siche­rungen ent­sprechend anzu­passen, was dazu führen müsste, die bishe­rigen Siche­rungen für unzu­reichend zu erklären und wesent­lich zu ver­stärken.

So aber beglei­teten die Unsicher­heiten das Programm der Fraport weiter­hin, und die dadurch beding­ten Kon­flikte eskalier­ten weiter. Anfang 2018 organi­sierte Fraport in Flörs­heim und Raun­heim Bürger­versamm­lungen, um eine stärkere Betei­ligung an ihrem Programm zu er­reichen, sah sich aber statt­dessen mit massiver Kritik konfron­tiert. Dabei kamen nahezu alle oben ange­sproch­enen Kritik­punkte zur Sprache, und etliche wurden von Betrof­fenen mit dras­tischen Bei­spielen belegt.
Antworten oder Klar­stellungen gab es keine, dafür wurde einigen Betrof­fenen mehr oder weniger deut­lich ange­boten, ihr Problem in Hinter­zimmer-Deals zu lösen (wohl dann, wenn sie dafür ver­sprechen, künftig die Klappe zu halten).

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Haftungs-Fragen und Zusatz­kosten

Die "Verkehrssicherungspflicht"

Grafik

"Wir machen Ihnen ein Angebot,
das Sie nicht ablehnen können ..."

Anderer­seits wurde für unwillige Haus­besitzer­*innen eine neue Droh­kulisse aufge­baut. Fraport gab sich zwar zurück­haltend und wies auf die Ver­ant­wor­tung der Flug­gesell­schaften hin, liess aber auch einen Passus in einem VGH-Urteil vom Juli 2013 zitie­ren, in dem dieser aus­führte, sie sollten das Fraport-Angebot besser annehmen, denn dafür

"... spricht ... neben der damit einher­gehen­den Beseiti­gung der auch für die Haus­eigen­tümer selbst beste­henden Gefahren­lage, dass im Fall der Verwei­gerung der Durch­führung dieser Maß­nahme und des Ein­tritts eines daraus folgen­den Schadens an Rechts­gütern Dritter der jewei­lige Haus­eigen­tümer oder ding­lich Berech­tigte aus der ihm oblie­genden Verkehrs­siche­rungs­pflicht - auf die auch die Beige­ladene zu Recht hin­weist - haften dürfte, wenn von einer zumut­baren Maß­nahme zur Gefahren­beseiti­gung oder -ver­ringe­rung kein Gebrauch gemacht wurde."
Soll heissen: wenn künftig Ziegel von einem unge­sicherten Dach fallen und unten einen Schaden an­richten, etwa an einem gepark­ten Auto oder gar an einer vorbei­gehenden Person, sollen nicht mehr Fraport oder die Flug­gesell­schaft haften, sondern die Haus­eigen­tümer, die das Dach ja hätten sichern lassen können.

Auch diese Rechts­frage ist bis heute unge­klärt. Gegen die Aus­führungen des VGH (die kein Urteil in dieser Sache sind, sondern nur in der Urteils­begrün­dung zu einer anderen Entschei­dung gemacht wurden) gibt es gute Ein­wände, die vor einem ordent­lichen Gericht sicher­lich Chancen hätten. Ob Maß­nahmen "zumutbar" sind, die einem unbe­teilig­ten Dritten erheb­liche Kosten aufer­legen oder sogar umfang­reiche eigene Investi­tionen erfordern, um Gefahren abzu­wehren, die aus­schliess­lich durch die Aktivi­täten Dritter erzeugt werden, ist sehr die Frage.

Im Mai 2018 musste Fraport erneut einen schweren Rück­schlag ein­stecken, weil es zu einem Schaden an einem gesicher­ten Dach kam. Fraport versuchte natür­lich, die Schuld auf die aus­führende Firma zu schieben, aber allein die Tat­sache, dass bei dem Vorfall auch ein Dach­fenster beschä­digt wurde, machte deut­lich, dass die einwir­kenden Kräfte völlig unter­schätzt wurden.
Im September wurden dann, u.a. durch ein Gut­achten der BI Flörs­heim-Hoch­heim, weitere Bei­spiele für Pfusch bei der Siche­rung aufge­deckt. Auch ein weiteres Haftungs­problem trat dabei auf: nachdem der BI-Gut­achter an einem Haus mangel­haft befes­tigte Sicher­heits­haken fest­gestellt hatte und die für unbenutz­bar erklärte, wies er auch darauf hin, dass solche Haken jähr­lich gewartet werden müssten.

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Die "Sicherheitsdachhaken"

Sicher­heits­dach­haken sind auf geklam­merten Dächern not­wendig, da das Dach nicht mehr durch das An­heben von Ziegeln be­gangen werden kann. Von deren Wartung war bis dahin aller­dings nie die Rede gewesen, und es gab heftige Diskus­sionen darüber, ob sie wirk­lich not­wendig ist und wenn ja, wie und wie oft sie durch­zuführen sei.
(Schnee­fang­gitter, die Fraport eben­falls standard­mäßig mit ein­bauen lässt, sind nicht not­wendig, sondern als "Ziegel­fang­gitter" wohl eher eine zusätz­liche Sicher­heits­maßnahme.)

Zitate: Wartung von Dachhaken

Fraport verweist auf sich häufig widersprechende Quellen, die Regeln sind variabel, und die Herstellerangaben auch nicht unbedingt auf den ersten Blick verständlich. Alles klar?

Auch zur Wartung gibt es bis heute keine klaren Aus­sagen, und die meisten aus­führenden Firmen scheinen den Haus­besitzern anzu­deuten (aber nicht schriftlich zu bestätigen), dass sie nicht nötig sei.
Fraport macht dazu keine Aussage, sondern verweist nur auf andere Institu­tionen. Mit diesen Hin­weisen die tatsäch­lich geltenden Regeln zu finden, ist nicht so einfach, und selbst dann bleibt noch einiges unklar. (Auch der Google-KI sollte man hier, wie auch sonst, besser nicht trauen.)

Nach unseren Recher­chen stellt sich die Sach­lage so dar: Bis Ende 2015 waren die Dach­haken als Teil der "Persön­lichen Schutz­aus­rüstung" der auf dem Dach Arbeiten­den einge­stuft und unter­lagen als solche einer jähr­lichen Prüf­pflicht. Dann trat eine Regel­ände­rung in Kraft, ab 2016 gelten sie als "Bau­produkt", und dafür legen die Her­steller fest, wie sie zu prüfen und zu warten sind. Eine allge­meine Prüf- und Wartungs­pflicht für Bau­produkte existiert nicht.
Die formale Einstu­fung ist offenbar dauer­haft gültig, was zur Folge hat, dass für ein und dieselben Haken unter­schied­liche Regeln gelten können, je nach­dem, wann sie einge­baut wurden.

Für viele, wenn nicht die meisten Haken scheint aber ohne­hin zu gelten, dass die Her­steller vorsichts­halber ohnehin jähr­liche Prüfungen vor­schreiben.
Da die meisten Haus­eigen­tümer von diesen Rege­lungen nichts wissen, versuchen sie auch garnicht erst, auf die Auswahl der Haken Einfluss zu nehmen und damit viel­leicht eine jähr­liche Wartung zu ver­meiden, sondern akzep­tieren, was Fraport bzw. der aus­führende Betrieb ihnen vorsetzt.

Die meisten haben wohl auch nachher nichts davon erfahren, was die Her­steller in ihre Montage- und War­tungs-Anlei­tungen schreiben, wenn sie über­haupt Unter­lagen darüber bekommen, welche Haken verbaut wurden.
Und wer Her­steller-Angaben wie die oben findet und sich damit tröstet, dass Prüfungen ja nur "bei Gebrauch" not­wendig sind, unter­liegt leicht einem Trug­schluss: wenn die letzte Prüfung länger als ein Jahr zurück­liegt, muss für die dann fällige neue Prüfung vor Gebrauch wieder ein Gerüst gestellt werden, denn die Haken dürfen ja erst nach der Prüfung wieder benutzt werden.

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Schadens-Regulierung

Die Regeln, die bestimmen, wer einen entstan­denen Schaden besei­tigen bzw. bezahlen muss, sind eigent­lich recht ein­deutig. Aber auch hier hat Fraport eine "eigene Rechts­auffas­sung" ent­wickelt und mit freund­licher Unter­stützung der zustän­digen Aufsichts­behörden bisher erfolg­reich durch­gesetzt.


... vor dem Ausbau ...

Vor der neuen Ausbau-Runde, als nur Raun­heim von Wirbel­schleppen-Schäden betroffen war, zeigte sich Fraport sehr kulant. Im Laufe der Jahre wurden mindes­tens 50 solcher Schäden still­schweigend, "ohne Aner­kennung einer Rechts­position", besei­tigt. Wieviele es genau waren, weiss besten­falls Fraport selbst. Ihr Inter­esse war wohl haupt­säch­lich, das Thema garnicht erst in die Öffent­lich­keit zu bringen. Von Ableh­nungen und Pro­testen ist damals jeden­falls nichts bekannt geworden (und dem Dorf-Klatsch bleibt sowas normale­rweise nicht ver­borgen).


... unmittelbar danach ...

Das änderte sich recht schnell, als sich auch in Flörs­heim die Schadens­fälle häuften. Nachdem sie im Plan­fest­stellungs­verfahren erfolg­reich die Behaup­tung ver­treten hatten, Wirbel­schleppen-Schäden könne es in den angren­zenden Kommunen garnicht geben, wollten sie nun auch nicht für irgend­welche Schäden, die trotz­dem auf­traten, haftbar gemacht werden.
Diese Position wurde sehr schnell poli­tisch unhalt­bar. Die Rück­zugs-Position bestand darin, zumin­dest sicher­zustellen, dass sie die Ent­schei­dung darüber in der Hand behiel­ten, welche Schäden sie bezahlen wollten und welche eben nicht. Das ist ihnen gelungen.

In den ersten andert­halb Jahren seit der ersten Plan­ergänzung wurden 37 Schadens­ereig­nisse an die Fraport gemeldet. Bei 21 davon behaup­tete Fraport ohne plau­sible Begrün­dung, sie seien "nicht auf Wirbel­schleppen zurück­zuführen" - und kam damit durch. Man muss wohl davon ausgehen, dass die Betrof­fenen die Ableh­nung still­schweigend hinge­nommen haben, weil sie sich aus vieler­lei Gründen nicht in der Lage sahen, ihren Anspruch vor Gericht durchzu­setzen.
Der politische Skandal liegt hier darin, dass die zustän­digen Behörden, allen voran das Wirt­schafts­minis­terium, aber auch die Kommunen Raun­heim und Flörs­heim, die Betrof­fenen alleine liessen und Fraport erlaub­ten, sich mit windigen Behaup­tungen aus der Verant­wortung zu schleichen.

Grafik Schaden

Zwei benachbarte Grundstücke haben Schäden durch zerstörerische Lufteinwirkungen abbekommen -
die weitere Nachbarschaft hat nichts von einem Sturm gemerkt. Was könnte das gewesen sein?

... und heute

Bis heute hat sich an der Abwick­lung nichts geän­dert. Fraport nimmt die Schadens­meldungen ent­gegen, bestellt die Gut­achter, beur­teilt deren Ergeb­nis und ent­scheidet, was zu pas­sieren hat - alles ohne jeg­liche Kon­trolle. Das ist ver­gleich­bar einem Gerichts­prozess, in dem Ange­klagter, Staats­anwalt, Gut­achter und Richter ein und dieselbe Person sind - eine Farce.
Selbst dras­tische Schäden wie die oben gezeig­ten, für die es ausser einer Wirbel­schleppe keiner­lei plau­sible Ursachen gibt, können abge­lehnt werden. Es gibt keine Be­schwerde­stelle, keinen neutra­len Dritten, der hinzu gezogen werden könnte, es gibt nur den Weg vor ein normales Gericht. Und wer den antritt, braucht nicht nur starke Nerven, sondern auch eine gute Rechts­schutz­versiche­rung oder viel Geld.

Die seit Juli 2013 veröffent­lichte Dokumen­tation gemel­deter Dach­schäden und ihrer Beur­teilung durch Fraport enthält inzwi­schen bereits 69 Fälle, die angeb­lich "nicht auf Wirbel­schleppen zurück­zuführen" sind (bei 66 "aner­kannten" Fällen im gleichen Zeit­raum, Stand Dezem­ber 2024). Wie groß die Dunkel­ziffer ist, weil Fälle ohne offi­zielle Meldung unter der Hand gere­gelt wurden, lässt sich nicht sagen. Entspre­chen­de Gerüchte tauchen immer wieder auf, Beweise oder belast­bare Aus­sagen gibt es nicht.

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Ausblick

Man muss konsta­tieren, dass es Fraport gelungen ist, das Thema "Wirbel­schleppen-Schäden" weit­gehend aus der öffent­lichen Diskus­sion heraus­zunehmen. Die Zahl der auftre­tenden Schäden und wohl auch ihre Inten­sität sind gesunken, öffent­lich sicht­bare, drama­tische Schäden hat es seit Jahren nicht mehr gegeben.
Solange es so bleibt (und im Inter­esse der Bewoh­ner*innen muss man hoffen, dass es so bleibt), wird Fraport die bishe­rige Praxis fort­setzen und Geschä­digte willkür­lich ab­weisen können.

Besei­tigt sind die Gefahren aller­dings nicht. Zwar gab es nach der Fraport-Statis­tik 2014 noch 20 gemel­dete Schadens­fälle (von denen 9 aner­kannt wurden), während es 2024 nur noch 5 waren (2 aner­kannt), und in der Nach-COVID-Periode (2022-2024) ist der Durch­schnitts­wert auf 0,5 pro Monat gesunken (von 1,8 in den ersten drei Jahren, 2. Halb­jahr 2013 bis 1. Halb­jahr 2016), aber auch abge­sehen von mög­lichen Dunkel­ziffern durch erfolg­reiche Abschreck­ung bleibt damit immer noch ein Schadens­risiko bestehen. (Zur Erinne­rung: in den Diskus­sionen zu den Klage­verfahren galten "mehrere Fälle pro Jahr" schon als uner­wartet hohes Risiko.)

Der einzige Weg, diese Gefahren, die nur westlich des Flug­hafens in Flörs­heim und Raun­heim auf­treten, wirk­lich zu mini­mieren, besteht also weiter­hin darin, diese Gebiete weniger und höher zu über­fliegen. Möglich­keiten dazu gibt es natür­lich, auch wenn Fraport und Flug­gesell­schaften sich heftig dagegen wehren.

Weniger Überflüge:
Höhere Überflüge:

Wenn sich mit diesen Mitteln das Wirbel­schleppen-Schadens­risiko auf deut­lich unter 1 Schaden pro Jahr redu­zieren liesse, könnte sich die Bevölke­rung west­lich des Flug­hafens wenigs­tens etwas sicherer fühlen.


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