Waldvernichtung durch Flughafenausbau, 1935 bis heute.
Quelle: http://www.flughafen.unser-forum.de/
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Seit der Frankfurter Flughafen in den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts vom Rebstockgelände in den Schwanheimer Wald verlegt wurde, hat er sich in mehreren Schüben in das Waldgebiet zwischen Raunheim, Walldorf und Kelsterbach gefressen und ist insbesondere auf Raunheim zu gewachsen, wie die Grafik zeigt.
Nach Abschluss der vorletzten Ausbau-Maßnahme, dem Bau der Startbahn West, war das verbliebene Waldgebiet unter Schutz gestellt und zum Bannwald erklärt worden, dessen ökologische Funktion für die Region "unersetzlich" ist. Laut Aussage des damaligen Ministerpräsidenten Holger Börner (SPD) sollte für den Flughafen "kein Baum mehr fallen" - genutzt hat es nichts.
Nur fünfzehn Jahre später meldete die Lufthansa durch ihren damaligen Vorstandschef Jürgen Weber "unabweisbaren Bedarf" für den Ausbau ihrer Homebase an und drohte mit Verlagerung. Das genügte, um (fast) alle politischen Kräfte in Hessen ihre ökologischen Versprechen vergessen zu lassen. Die amtierende rot-grüne Regierung unter Hans Eichel (SPD) berief eine sog.
"Mediation" ein, um mit allen Beteiligten zu diskutieren - nicht etwa, ob der Flughafen ausgebaut werden solle, sondern nur, wie das am Besten zu bewerkstelligen sei.
Im Januar 2000 hat die Mediationsgruppe ein Fünf-Punkte-Paket vorgelegt bestehend aus
Bürgerinitiativen und Umweltverbände haben sich (bis auf ganz wenige Ausnahmen) an Mediation und Dialog nicht beteiligt, weil von Anfang an klar war, dass sie nur dazu dienen sollten, die Pläne von Lufthansa und Fraport gegen den Widerstand der Betroffenen durchzusetzen. Diese Sicht der Dinge und viele Details zum Ablauf des Prozesses sind in der Ausbau-Dokumentation des DFLD festgehalten, derzeit aber wegen Urheberrechts-Bedenken nicht öffentlich nachzulesen. Auch die jeweils geschaffenen rechtlichen Grundlagen, insbesondere die Planfeststellungsbeschlüsse, sind dort dokumentiert, aber aktuell nicht zugänglich. Mit eingeschränkter Funktionalität und Lesbarkeit kann man das Machwerk auf der Seite des Ministeriums einsehen.
Quelle: Thomas Römer / OpenStreetMap data [CC-BY-SA 2.0]
via Wikimedia Commons, Stand 04/2012
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Fraport hatte die Wünsche der Lufthansa zunächst in einem sog. Generalausbauplan 2015 zusammengefaßt. Er konzentrierte sich im wesentlichen auf drei Punkte:
Letztlich wurden aber sowohl die Wartungshalle als auch die Nordwestbahn mit freundlicher Unterstützung der inzwischen schwarz(-gelben) Regierungen unter Roland Koch (CDU) mit juristischer Brachialgewalt durchgesetzt. Den erreichten Stand und die in der Planfeststellung bereits enthaltenen, aber noch nicht umgesetzten Ausbauschritte zeigt die nebenstehende Grafik.
Von den drei Punkten sind zwei im Wesentlichen umgesetzt. Die A380-Wartungshalle ist in Betrieb, zunächst wie geplant in halber Grösse. Ein Vollausbau kann bei Bedarf erfolgen. Die Nordwestbahn ist in Betrieb, und dass der Flugbetrieb noch nicht so funktioniert wie geplant, ist für Fluglärmgegner kein Grund zur Freude. Der VGH hat in seinem jüngsten Urteil zur Südumfliegung noch einmal klargestellt: alles, was dem planfestgestellten Kapazitätsziel im Weg steht, kann juristisch abgeräumt werden. Das gilt insbesondere für Lärmschutz-Maßnahmen. Auch die beim VGH noch anstehenden weiteren Klagen werden keinen Rückbau der Bahn erzwingen können.
Zu den flugbetrieblichen Problemen, die sich mit dem neuen Vier-Bahnen-System ergeben haben, hat die Gewerkschaft der Flugsicherung eine
Sonderausgabe ihrer Zeitschrift "der flugleiter" herausgegeben, die interessante und teilweise auch für Laien lesbare Informationen und Einschätzungen enthält.
Am 17.09.2013 hat Fraport verkündet, den Bauantrag für die erste Bauphase des Terminal 3 beim Bauamt der Stadt Frankfurt eingereicht zu haben, am 12.08.2014 konnten sie sich über die
Genehmigung freuen. In seiner Sitzung am 15.04.2015 hat der Fraport-Aufsichtsrat
beschlossen, den Schritt zu gehen. Am 5.10.2015 fand auf dem Baugelände in der südöstlichen Ecke des Flughafengeländes der
erste Spatenstich für den
Bau eines neuen Terminalgebäudes mit zunächst zwei Flugsteigen statt, die zunächst 2022 in Betrieb gehen sollten. Zwei weitere Flugsteige und Nebengebäude sollten in späteren Phasen folgen.
Mitte 2017 hat Fraport in Reaktion auf die neue Billigflieger-Strategie die Bauplanung umgestellt und beschlossen, den östlichen Flugsteig G
vorzuziehen, und in Billigbauweise auszuführen, damit er bereits 2020 als Billigflieger-Terminal in Betrieb gehen kann. Im August 2018 gab es auch dafür eine
Baugenehmigung, und eine Klage wegen mangelnder Verkehrserschliessung wurde abgelehnt.
Fraport ging dann umgehend daran, auch physische Widerstände zu beseitigen. Als
Zeichen des Widerstands hatten Anfang 2018 einige Leute
mit lokaler Unterstützung den Teil des Treburer Waldes besetzt, den Fraport für den Bau einer neuen Autobahnabfahrt benötigt. Entsprechende Rodungen waren bereits im Planfeststellungsbeschluss genehmigt worden. Zwar sträubte sich Trebur lange Zeit, das Stück Wald zu verkaufen, aber mit der Änderung der Mehrheitsverhältnisse im Treburer Parlament nach der Wahl im Frühjahr 2016 war auch dieses Hindernis aus dem Weg geräumt.
Am 6. November 2018 (für Widerstands-Veteranen: 37 Jahre und 4 Tage nach der Räumung des Hüttendorfes zum Bau der Startbahn West und fast 10 Jahre nach der Rodung des Kelsterbacher Waldes für die Nordwestbahn) hat die Polizei, eifrig unterstützt von Kräften der Fraport, überfallartig das Camp im Treburer Wald geräumt, und unmittelbar danach begann die Rodung der Fläche.
Nahezu zeitgleich begann Fraport auch
mit der Vergabe der Rohbaumaßnahmen für den Hauptteil von Terminal 3, die Arbeiten sollen in Kürze beginnen. Aktuell geht Fraport davon aus, dass der Billig-Flugsteig 2021, der Hauptteil des Terminals 2023 in Betrieb gehen wird.
Trotz des scheinbar reibungslosen Ablauf liegt hier der aktuell wichtigste Ansatzpunkt, die weitere Verlärmung der Region zu verhindern. Ohne dieses Terminal kann Fraport das geplante Wachstum nicht erreichen, denn das leistungsfähigste Bahnensystem nützt nichts, wenn man Passagiere und Gepäck nicht halbwegs schnell und komfortabel in die Flugzeuge hinein und aus ihnen wieder heraus bekommt. Dieses Terminal ist dafür geplant, die Passagier-Kapazität von FRA zu verdoppeln. Deshalb liegt hier der Ansatz, die Weichen für eine andere Entwicklung zu stellen, wenn es denn politisch gewollt wäre. Eine regionalverträgliche Entwicklung des Flughafens ist nur möglich, wenn diese Fehlinvestition gestoppt wird und Fraport ein Geschäftsmodell findet, dass nicht mehr auf immer weiteres Wachstum setzt.
Politische Mehrheiten, die einen solchen Kurswechsel durchsetzen könnten, sind aber aktuell nicht erkennbar. Die schwarz-grüne Landesregierung, die Anfang 2014 ins Amt kam und 2018 bestätigt wurde, setzt die "Wettbewerbsfähigkeit" des Flughafens an erste Stelle und hat den Bau des Terminal 3 durchgewinkt. Die im Koalitionsvertrag angekündigte Prüfung der betrieblichen Notwendigkeit liess Fraport freie Hand und machte lediglich Alternativvorschläge für den Fall, dass die Investition aktuell als zu riskant eingeschätzt worden wäre. Fraports Wachstumshoffnungen sind aber ungedämpft, und derzeit sieht es auch so aus, als sei die eine zeitlang stagnierende Zahl der Flugbewegungen keine Trendwende gewesen. Tatsächlich steigt die Zahl der Flugbewegungen und der Passagiere wieder, und die Konkurrenz der neuen Hubs in Istanbul und Dubai wird erst in einigen Jahren spürbar. Auch der Bundesfinanzminister sieht das Projekt T3 positiv und möchte es im Rahmen von Junckers Konjunkturprogramm von der EU fördern lassen.
Das Terminal hat für Fraport noch eine weitere wichtige Funktion. Zusammen mit den CargoCities Süd, Nord und West (das ehemalige Ticona-Gelände), Gateway Gardens, Airrail Center/SQUAIRE, Mönchhofgelände und einer ganzen Reihe anderer Gebäudekomplexe gehört es zur sog.
Airport City, dem Immobiliensektor der Fraport, der schon heute der bedeutendste Geschäftsbereich ist und mehr Gewinn bringt als der Flugbetrieb. Dieser Sektor ist für Fraport so wichtig, dass sie ihn sogar besingen lassen. Vielleicht liegt ja eine gewisse Symbolik darin, dass der King Kamehameha Club, in dem der Song aufgenommen wurde, inzwischen ebenso wie das "Dorian Gray", die Flughafen-eigene Disco, Geschichte ist. Die coole Fassade bricht immer wieder zusammen - die Profitmacherei dahinter geht ungebrochen weiter und erreicht immer neue Extreme. Dass diese Entwicklung für die Region ebenfalls sehr kritisch werden kann, steht auf einem anderen Blatt.
Solche Entwicklungen finden auch international statt - die Gebilde heissen dann meist "Aerotropolis" - und auch der Widerstand dagegen hat sich seit Kurzem im "Global Anti-Aerotropolis Movement" (GAAM) zusammen geschlossen.
Passend dazu veröffentlicht der Nachrichtendienst Bloomberg am 12.11.2016 ein
Interview mit dem Fraport-Finanzvorstand Zieschang, in dem es zu Terminal 3 heißt: "Ein eigenes Stockwerk wird eingefügt werden, um den Bedarf der Mittelost-Anbieter nach mehr Raum zu befriedigen und damit den Platz für Luxus-Lounges zu verdoppeln, sagt Zieschang. Die Design-Änderung trägt zu der einjährigen Verzögerung der Fertigstellung des Terminal auf 2023 bei und könnte die Baukosten über die veranschlagten 3 Milliarden Euro hinaustreiben." Weiter heißt es in diesem Interview:
"Fraport baut auch eine zweite, größere, allgemein verfügbare Luxus-Lounge in Terminal 1, um das Angebot in diesem Gebäude zu ergänzen. Der Zugang zu dieser Einrichtung kostet 300 Euro pro Person. Im Januar wird ein Hotel in der Sicherheitszone des Terminals öffnen, dessen Räume stundenweise zur Verfügung stehen." (Alle Zitate eigene Übersetzung).
Luxus-Lounges und ein teures Stundenhotel zielen eindeutig auf das Segment der Besserverdienenden, die auch künftig die notwendigen Umsätze bringen sollen. Auf dieses Segment kann nicht verzichtet werden. Ob sich allerdings Luxus- und Billig-Flieger in einem Terminal integrieren lassen, muss sich erst noch zeigen.
Die Ausbau-Befürworter haben diesmal sorgfältig darauf geachtet, einen Fehler zu vermeiden, den sie beim letzten Mal gemacht haben. Es gibt keine (verbale) Garantie, dass dieser Ausbauschritt der letzte wäre. Für sie gilt weiterhin: nach dem Ausbau ist vor dem Ausbau.
Es wird noch sehr starken und lang dauernden politischen Druck erfordern, diese Haltung zu durchbrechen.